Wenn man gesund ist, ist der Tod etwas galaktisch Entferntes. Es gibt ihn, aber nicht im eigenen Universum. Wenn man selbst oder jemand Nahestehendes schwer erkrankt, rückt der Tod plötzlich nahe. Er gelangt in die eigene Umlaufbahn. Trotzdem gilt: Er ist zwar näher gerückt, aber immer noch so weit weg, dass man ihn die meiste Zeit nicht beachten muss. Dann kann eine einzige Nachricht alles ändern. Sie kann den Tod so nahe zu einem selbst führen, dass man ihn nicht mehr ignorieren kann – ob man nun will oder nicht.
Unrealistisch und trotzdem wahr
Ich habe so eine Nachricht vor wenigen Monaten erhalten und frage mich nun: Was ist der Rahmen, um die niederschmetternde Mitteilung „unheilbar krank“ zu erfahren? Gibt es dafür so etwas wie ein geeignetes Umfeld? Irgendwie passte meines. Ich stand im Gang des Krankenhauses, als ich erfuhr, dass meine Schwester Hirnmetastasen hat. Der Lift neben mir schloss sich – wie in meinem Inneren ging da etwas zu, da war etwas vorbei, unwiderruflich. Niemand von den umstehenden Menschen hätte erahnen können, was hier besprochen wurde. Ich erfuhr eine Information, die – wenn der schlimmste Fall eintritt – das gesamte Leben unserer Familie verändern soll. Und rundherum nahm das Leben seinen Lauf, unbeeindruckt davon, dass uns der Tod die Hand bald schütteln wollte. Hirnmetastasen. Ich habe nicht einmal gewusst, was das genau ist. Ich habe nur gespürt, dass es etwas Endgültiges ist.*
* Bei dem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem in wenigen Monaten erscheinenden Buch zur eigenen Trauerbewältigung von lebelos.